Moderner Verein
Brinz freut sich über die Einladung, trinkt auf das Wohl der Fränkischen- und dann hakt Johannes Treml ein, der Pfarrer von Volsbach im Ahorntal. Er nutzt die Stunde und schlägt vor, einen Fränkische-Schweiz-Verein zu gründen: „um sie dem allgemeinem Verkehr noch mehr zugänglich zu machen.“
Brinz ist begeistert- und möchte als erstes Mitglied aufgenommen werden. Die Idee ist in der Welt. Am 28. September- nur wenige Wochen später also- wird in der Schüttersmühle nahe Pottenstein der Verein offiziell gegründet. Dr. Deppisch wird erst Vorsitzender, Pfarrer Treml Schriftführer.
In den Statuten, die sich der Verein gibt, werden zwei Schwerpunkte deutlich: Um den Erhalt der Natur wollen sich die Mitglieder kümmern. Das ist nicht neu. Einige Jahre vorher (1888 und 1889) hatten sich bereits der Fichtelgebirgsverein und der Frankenwaldverein mit der gleichen Absicht gegründet. Die Männer in der Schüttersmühle nehmen sich noch ein Zweites vor: die Pflege des Brauchtums. Und das, so meint “eine der tragenden Säulen“ des heutigen Jubelvereins Walter Tausendpfund aus Pegnitz, macht die Neugründung vor einhundert Jahren zu einem modernen Verein.
Die Fränkische Schweiz ist zu Beginn des Jahrhunderts ein Armenhaus. Die Felder trugen wenig, die Hügel waren kahl. Die Gegend war von den Dichtern der Romantik als geheimnisvoll-wilde und geschichtsträchtige Landschaft entdeckt worden. „Die Fränkische Schweiz ist eine Kopfgeburt von außen“ so Tausendpfund. Die Poeten aber verließen die Gegend nach wenigen tagen des Aufenthalts – die Menschen die dort ihr Leben verbringen mussten, hatten erst einmal mit dem Überleben zu tun.
Der FSV unternimmt also bereits seinerzeit so etwas wie praktische Wirtschaftsförderung, wenn er die Zukunft des Landstriches im Tourismus erkennt. Dienstleistung soll die schwache Produktion stützen.
Den Ideen folgen Daten: 1907 gibt Karl Brückner die erste Wanderkarte heraus und legt einen Wanderführer auf. Bis 1914 werden fünf große Wanderwege markiert, die Eröffnung von Gasthäusern, Freibädern und Kuranlagen wird vorangetrieben. Es entsteht einen touristische Infrastruktur.
Aber auch das zweite ziel behält der SFV im Auge, der 1902 bereits 200 Mitglieder zählt.
Der Verein kümmert sich etwa um die traditionellen Trachten, zeichnet alte Bräuche auf und vermittelt den Menschen damit das Gefühl: Ihr habt doch etwas, was man brauchen kann, auch wenn ihr arm seid.“ Bis 1904 gründeten sich in Nürnberg zwei Ortsgruppen des Vereins. Mitglieder waren dort sicherlich die „Schnitzel- und Schäuferlafresser“ – Nürnberger Fans der Fränkischen Schweiz, die am Sonntag in die Landfrische fuhren und sich dort billige Essereien schmecken ließen, welche über den Tellerrand lappten.
Aber auch die ausgewanderten Pottensteiner, Waischenfelder und Betzensteiner, die sich in Nürnberg das Brot verdienen mussten, fanden dort ein Stück Heimat.
Vor allem aber: Mit seiner Kulturarbeit schaffte der FSV die Grundlage für ein kulturelles Zusammengehörigkeitsgefühl der Menschen in der Fränkischen Schweiz. Nicht mehr gemeinsame Not, sondern gemeinsame Tradition soll zusammenschweißen.
Die Kopfgeburt der Dichter wird so über die Jahrzehnte zu echtem Empfinden bei den Einheimischen.
Regionale Wirtschaftsförderung, Regionalmarketing und kulturelle Identität – heutige Zeitgenossen haben eine Vielzahl von Begriffen für das erfunden, was sich aus der Idee einer fröhlichen Runde im Jahr 1901 entwickelt hat. Diese Aufgaben haben das Jahrhundert in der hiesigen Gegend geprägt und bleiben auch im Begonnenen präsent.
Deswegen ist das Gründungsereignis vor einhundert Jahren von ganz besonderer Bedeutung für die Region und verdient gebührend gefeiert zu werden. |